Es war eine große Überraschung für die Gemeinde, als Pastor Sölter Ostern am Ostermontag seinen Entschluß bekannt gab, die Gemeinde zum 1. August zu verlassen. An zwei aufeinanderfolgenden KGR-Info-Tischen stand Pastor Sölter Rede und Antwort zu Fragen bezüglich seines Weggangs. Viele Gemeideglieder sorgen sich um die Zukunft der Gemeinde. Die Pröpstin Frau Dr. Murmann sowie der Personalabteilung des Kirchenamts unterstützt den Kirchengemeinderat bei den nun offenen Fragen der Stellenneubesetzung.

Pastor Sölter beantwortet im folgenden selbst ein paar Fragen zu seinem Weggang und schaut zurück auf seine Zeit als Pastor in der Bugenhagengemeinde.

Herr Pastor Sölter, Sie sind seit 16 Jahren Pastor in Nettelnburg und aus dem Gemeindeleben nicht mehr wegzudenken. Daher ist es für viele eine große Überraschung, dass Sie die Gemeinde verlassen wollen. Was hat sie zu diesem Schritt bewogen?

Hartmut Sölter:
Mit der Bugenhagengemeinde in Net­telnburg bin ich über Jahre regelrecht verwachsen und hatte vorgehabt, bis zum Ende mei­ner Dienstzeit zu bleiben. Es gibt auch keinen Grund, weswe­gen ich die Ge­meinde verlas­sen muss. Eine Anfrage aus der Notfallseelsorge, bei der ich lange schon aus dem Gemeindepfarramt heraus 1-2 Mal im Jahr in Bereitschaft und zu Einsätzen dabei war, hat mich ins Nachdenken gebracht. Die Beratung mit Freunden und Familie, Prüfung im Gebet und die Möglichkeit noch einmal in einem ganz anderen Umfeld als Pastor arbeiten zu können, haben mich zu dieser Ent­scheidung geführt. Unsere 4 Kinder sind alle ausgezogen und meine Frau und ich können uns gut vorstellen, uns schon zu diesem Zeitpunkt wohnungs­mäßig zu verkleinern.

Was sind be­sondere Mo­mente der letz­ten Jahre, an die Sie sich ger­ne erinnern?

H. Sölter:
Wir haben wirk­lich schöne Got­tesdienste ge­feiert. Sonntags geschah das in wohltuender Regelmäßigkeit, oft mit Tauffamilien und vielen Kindern. Gerne denke ich an die jährlichen Schulanfän­ger- und Schulgottesdienste, die in guter Kooperation mit der Schule Nettelnburg vorbereitet und durchgeführt wurden. Erlebnisreich und ermutigend waren die Mobilen Gottesdienste (MoGo) so­wohl im Bergedorfer Schlosspark als auch häufig auf dem Vorplatz unserer Kirche.

Wie oft wurde die Gemeinde­wiese zu einem besonderen kirchlichen Ort mit all den Sommer- und Ehrenamt­lichenfesten, täg­lich belebt durch die Kita oder Ju­gendaktivitäten im Freien – und natürlich dem ARGE-Weih­nachtsmarkt mit Zeit zum Schna­cken, Trödeln und Besuch im Café im Gemeindesaal. Mir fallen auch die Mitarbeitendenausflüge ein und die Klausurtagungen mit dem Kirchenge­meinderat, die so wichtig für die Pflege der Gemeinschaft sind. Gerne habe ich in der Kinderkirche mit den Allerjüngs­ten auf dem Boden in der Kirche geses­sen und wir sind mit Phantasie und klu­gen Beobachtungen der Kinder in die biblischen Geschichten „eingestiegen“. Nicht zuletzt sind mir Einzelbegegnun­gen in der Offenen Kirche nachgegan­gen und haben mich beschäftigt.

Welche besonderen Herausforde­rungen fallen Ihnen ein?

H. Sölter:
Die Gestaltung der Gottesdienste im Spannungsfeld von notwendiger Zeit­gemäßheit und wertvoller Tradition ausgerichtet an der guten, tröstenden und befreienden Nachricht von Jesus Christus war und ist bleibendes Thema. Dazu kam immer wieder die Frage auf, was und wie gesungen und musiziert wird. Es war nicht immer leicht, die Viel­fältigkeit der Stimmen zusammenzuhal­ten. Herausfor­derungen gab es in der Seelsorge, z.B. bei schwe­ren Schicksals­schlägen oder plötzlichen To­desfällen bis ins junge Konfir­mandenalter. Zu nennen ist auch die Aufgabe, Kirche, Gemeindehaus und das Gelände immer wieder gast­freundlich zu halten und neu zu gestal­ten. In Baufragen gibt es komplizierte Entscheidungswege. Es gab viele zähe Verhandlungen in m.E. zu vielen kirch­lichen Gremien. So haben die Umbau­arbeiten für Gemeindesaal und Küche immer noch nicht begonnen. Aber über die Jahre sind schließlich doch schon einige Baumaßnahmen zum Abschluss gekommen und haben das Gemein­deleben befördert: Kindertagesstätte, Obergeschoss Gemeindehaus, barri­erefreie Zugänge, Kirchenrenovierun­gen, Pastorats- und Kirchenbürosanie­rung.

Hatte die aktuelle Pandemiesituation Einfluss auf den Stellenwechsel?

H. Sölter:
Corona hatte, wenn überhaupt, nur einen bedingten Einfluss auf meinen Wechsel. Natürlich merke ich, dass es mich mehr Mühe kostet, mich auf die digitale Kommunikation einzustellen. Ich erlebe den Kontakt über den Bild­schirm als notdürftigen Ersatz für die direkte Begegnung. Das bekommt der Nachwuchs meist lockerer und besser hin. Wahrscheinlich ist die Gemeinde für den nötigen Neuaufschlag mit ei­nem/r jüngeren Nachfolger/in besser aufgestellt.

Haben Sie alle Ihre Ziele erreicht?

H. Sölter:
Viele Projekte und Vorhaben waren erfolgreich, alle si­cherlich nicht. Die sog. Dienstgruppen oder Arbeitskreise haben eine gute Leitung, es soll und muss ja nicht alles am Pastor hängen. Während meiner Zeit wurde im Zusammenhang mit dem einjährigen Konfi-Konzept die Teamer­schulung Startup 14´s etabliert. Es gibt die Offene Kirche für alle und Men­schen sind immer wieder mit ihren An­liegen am Donnerstag zum Gespräch gekommen. Wichtig ist mir, dass die Gemeindeleitung in Transparenz zur Gemeinde arbeitet und auch die Mitar­beiterschaft gut und mit Freude ihren Aufgaben nachgehen kann.

Gerne hätte ich erlebt, dass sich bei den Aktiven in der Gemeinde ein Ver­jüngungsprozess ergeben hätte. (Glei­ches gilt für die Aktiven in der ARGE Nettelnburg, in der es uns ebenfalls kaum gelungen ist für die Jüngeren interessant zu sein.) Im sogenannten Mittelalter der 25-40-jährigen klafft eine Lücke. Ebenfalls nicht zustande gekommen ist ein Partnerschaftspro­jekt zwischen dem wohlhabenden Net­telnburg zu einem Projekt der Diakonie und/oder zu einer Gemeinde in der sog. Dritten Welt. Freude gemacht hat mir der Gesprächskreis Bibel. Aber wir sind über eine Anzahl von 12-15, die dabei waren, nie hinausge­kommen.

Was werden Sie vermissen?

H. Sölter:
Fehlen wird mir, wö­chentlich für die Gottesdienstgestaltung mit anderen zusammen verantwortlich zu sein. Dankbar bin ich für die freund­liche Nachbarschaft und die ständig spielenden Kinder auf der Gemeinde­wiese und dem Spielplatz nebenan. Die Kleinen fragen immer wieder: ‚Hallo Pastor Sölter – was machst du da? Wo­hin gehst du?‘

In guter Erinnerung bleiben werden mir die liebevoll gestalteten Adventsfeiern mit den Älteren. Die Kantorei, der Kin­derchor, das Kinderflöten und nicht zu vergessen das Engagement derer, die in der Küche und vom Seniorenmitar­beitenden-Team dabei waren, haben für berührende und stimmungsvolle Momente gesorgt.

Zurücklassen werden meine Frau und ich ein schönes Pastorat, in dem wir uns sehr wohlgefühlt haben.

Worauf freuen Sie sich?

H. Sölter:
Aus der Vielfalt der Gemeindearbeit, die ich liebe, komme ich nun in ein Aufgabengebiet mit dem einen Thema „Notfallseelsorge“. Das ist auf seine Art allerdings auch vielfältig. Außerdem freue ich mich auf ein neues Team, neue Begegnungen in meist nicht plan­baren Situationen, in denen ich mich mit meinem Mensch- und Christsein als „Kirche am anderen Ort“ einbrin­gen kann. Die guten Erfahrungen mit den Menschen im Gemeindepfarramt in Nettelnburg und Umgebung werden mir dabei helfen.


Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft!
Die Fragen stellten Karin und Ingo Jordan